Zürcher Kommunalwahlen – Eine Analyse

Im vergangenen Jahr 2022 haben zwischen Februar und September in allen Zürcher Gemeinden Erneuerungswahlen stattgefunden. Neu besetzt wurden die Gemeindeexekutiven, Schulpflegen und Rechnungsprüfungskommissionen. Mit Hilfe eines in aufwändiger Arbeit zusammengestellten Datensatzes über jede in den Wahlprotokollen aufgeführte Person, können nun die Ergebnisse analysiert werden. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte der Zürcher Kommunalwahlen.

Der Parteiencheck

Von besonderem Interesse ist wie die Parteien in den Gemeinden abgeschnitten haben. Nachwievor bleibt der Löwenanteil aller Sitze in den Zürcher Gemeindebehörden in den Händen von parteilosen (siehe Grafik1). Mehr als ein Drittel aller Exekutivmitglieder, sowie beinahe die Hälfte aller Mitglieder in den Rechnungsprüfungskommissionen und Schulpflegen gehören keiner Partei an. Die stärkste Partei in den kommunalen Gremien ist die die FDP, welche erst nach grossem Abstand auf die parteilosen folgt. Sie scheint gute Personalpolitik zu betreiben und damit bei der Bevölkerung gut anzukommen. Dass die FDP relativ deutlich besser als die beiden grossen Polparteien SVP und SP abschneidet, mag auch mit dem Wahlmodus zusammenhängen. In Majorzwahlen haben es Polparteien eher schwer sich durchsetzen zu können, während liberale und Mitteparteien eher von breiter Unterstützung über das eigene Lager hinaus profitieren. Die SVP hat zwar bei den Exekutiven und Rechnungsprüfungskomissionen deutlichen Vorsprung auf die SP, liegt aber bei den Schulpflegen hinter der Partei auf Platz 4. Im Gegensatz zu anderen Parteien, welche in allen Behörden etwa gleich stark vertreten sind (bspw. Die Mitte), weist die SP ein klares Muster auf. In den Schulpflegen gut vertreten, in den Rechnungsprüfungskommissionen kaum zu finden. Ebenso spannend ist das Abschneiden der Grünen. Die Partei ist im Kanton Zürich zu einer Stimmen starken Partei herangewachsen. Den Erfolg von Parlamentswahlen haben sich jedoch nicht auf die kommunalen Wahlen ummünzen lassen. Die Grünen bleiben eine reine Parlamentspartei, welche in der lokalen Politik kaum mitmischt. Die fehlende Etablierung der grünen Partei in den kommunalen Entscheidungsprozessen birgt 3 grosse Risiken. Erstens vermag die Partei so die Umsetzungen wichtiger Gesetze auf kommunaler Ebene nicht zu ihren Gunsten beeinflussen. Zweitens können dadurch zukünftige Amtstragende weniger Erfahrung sammeln, von welcher sie zu einem späteren Karrierepunkt profitieren könnten. Drittens verschaffen sich lokale Behördenmitglieder ein gutes Netzwerk, von welcher die Partei auch bei kantonalen Wahlen profitieren kann. Auf diese Vorteile müssen die Grünen auch zukünftig verzichten verzichten. Typisch für Zürich hat die GLP in ihrer Hochburg auch bei den kommunalen Wahlen gut abgeschnitten. Bei den Exekutivämtern ist die GLP praktisch gleich auf mit der SP, bei den Rechnungsprüfungskommissionen haben sie die SP sogar überholt. Dies spricht für eine gesunde und gut aufgestellte Partei, welche auch kommunal immer mehr an Gewicht gewinnt.

Betrachtet man die statistisch vorhergesagten Wahlwahrscheinlichkeiten, zeigt sich ein interessantes Bild: Die Parteien unterscheiden sich kaum in den Wahlwahrscheinlichkeiten. Bei kleinen Parteien mag dies insbesondere damit zusammenhängen, dass die Anzahl kandidierender klein und damit die statistische Unsicherheit hoch ist. Doch vergleicht man auch die Parteien (inkl. parteilosen) mit geringer Unsicherheit miteinander fällt kaum ein Unterschied auf. Allein die FDP weist eine statistisch signifikant höhere Wahlwahrscheinlichkeit auf als andere Parteien. Im Gegensatz dazu hat die SVP grosse Probleme bei den Schulpflegen. Dort wird sie, unter den gleichen Voraussetzungen, deutlich schlechter gewählt als andere Parteien. Dies mag darauf hindeuten, dass die SVP, in den Augen der Wählenden, wenig Kompetenz in der Bildungspolitik mitbringt.

Altersheim Politik?

Über die Altersverteilung in den Gemeindebehörden ist bislang von offizieller Seite wenig bekannt. Dank dem neu zusammengestellten Datensatz ist es nun möglich dies zu überprüfen. In der unten stehenden Grafik 2 ist die Altersverteilung der gewählten Behördenmitglieder zu erkennen. Das Medianalter in den Gemeindeexekutiven liegt bei 55 Jahren, während es bei den Schulpflegen und Rechnungsprüfungskommissionen gut fünf Jahre tiefer bei rund 50 Jahren liegt. Interessanterweise ist bei den Exekutiven nicht bloss das Alter im Durchschnitt höher, es ist auch konzentrierter. Die Hälfte aller Exekutivmitglieder sind zwischen 47 und 60 Jahre alt, ein Viertel zwischen 60 und 75. Im Gegensatz dazu ist die Spannweite bei den anderen beiden Behörden grösser. Bei den Schulpflegen lässt sich eine leichte Konzentration zwischen 40 und 55 feststellen, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass sich in dieser Behörde oftmals Eltern wählen lassen.
Schlussendlich muss festgehalten werden, dass die Lokalpolitik zwar nicht stark überaltert ist, jedoch gerade bei den Gemeindexekutiven jüngere Menschen eher unter vertreten sind. Schliesslich sind gut dreiviertel aller Exekutivmandate besetzt von Personen zwischen 50 und 75. Lediglich ein Viertel der gewählten Mitglieder ist Jünger als 50 und Personen jünger als 28 gelten statistisch bereits als Ausreisser.

Frauen wenig gesehen in den Exekutiven und Rechungsprüfungskommissionen

Nach den Wahlen 2019 wurden im Kanton Zürich sowohl auf kantonaler, wie auch nationaler Ebene so viele Frauen gewählt wie niemals zuvor. Von einem historischen Resultat war die Rede. Nun stellt sich die Frage ob sich dieser Trend auch auf der Ebene der Gemeinden weiter zieht. Genaue öffentliche Angaben zur Vertretung von Frauen in der lokalen Politik gibt es bislang nicht. Die Direktion für Justiz und Inneres hat im Vorfeld der Erneuerungswahlen 2022 von gut 25% gesprochen. Ausgehend von diesen Angaben hat sich wenig getan. Der Frauenanteil in den Gemeindeexekutiven ist gerade einmal bei 29.3%, noch tiefer in den Rechnungsprüfungskommissionen bei 21.3%. Ein anderes Bild zeigt sich hingegen in den Zürcher Schulpflegen. Dort lässt sich einen leichten Frauenüberschuss feststellen. Dass Frauen eher in die Schulpflege gewählt werden und bei den Wahlen für die Gemeindexekutive und RPK von den Stimmberechtigten diskriminiert werden ist jedoch ein Fehlschluss. Tatsächlich werden neu antretende Frauen eher gewählt, als neu antretende Männer. Dass Frauen trotzdem so massiv untervertreten sind, lässt sich darauf zurückführen, dass diese deutlich weniger häufig für diese Ämter antreten. Das Thema der Frauenvertretung in den Zürcher Behörden habe ich in einem Blogbeitrag der Universität Zürich genauer beleuchtet. Den Beitrag können Sie hier finden.

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