Nun wurden auch beide gross angelegten Umfragen zu den kommenden Abstimmungen am 28. November 2021 veröffentlicht. Zeit eine kurze Vorschau zu wagen. Bei zwei Vorlagen sieht es bereits heute relativ klar aus. Die Justizinitiative wird wohl abgelehnt und das Covid-19 Gesetz angenommen werden. Der Ausgang bei der Pflegeinitiative ist weniger eindeutig.
Covid-19 Gesetz
Das zweite Referendum zum Covid-19 Gesetz ist die einzige Behördenvorlage im November. Obwohl im Wochentakt Demonstrationen gegen die Pandemiemassnahmen stattfinden, scheint sich ein Ja ab zu zeichnen. Gemäss der SRG Umfrage von gfs.bern (zu den Ergebnissen), können die Gegnerinnen und Gegner des Gesetzes kaum über die eigene Kernbasis mobilisieren. Abgelehnt wird das Gesetz von der SVP Basis, von Personen welche ein geringes Vertrauen in die Regierung haben, sowie von Personen mit tiefem Bildungsstand. Es stellt sich ausserdem die Frage wie viele Personen mit tiefem Vertrauen in die Politik überhaupt zur Teilnahme an der Abstimmung mobilisiert werden können.
Interessant ist insbesondere die Betrachtung der Argumente. Während bei den Befürworterinnen und Befürwortern das Zertifikat als richtigen Weg zur Normalität betrachtet wird, ist das Argument, dass das Covidzertifikat zu einer Zweiklassengesellschaft führe, bei den Gegnerinnen und Gegnern nicht das Argument welches die höchste Zustimmung erhält. Das Contra Argument mit der höchsten Zustimmung ist, dass die bestehenden Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ausreichen. Die Wichtigkeit des Zertifikates für diesen Abstimmungskampf ist allerdings dennoch nicht zu unterschätzen. Es scheint allerdings so, als dass die Mehrheit der Bevölkerung dem Bundesrat und Parlament in dieser Angelegenheit erneut den Rücken stärken wird.
Pflegeinitiative
Zu diesem Zeitpunkt ist bei der Pflegeinitiative kein klar zu erwartendes Ergebnis absehbar. Die ersten Modellrechnungen deuteten auf ein Nein für die Pflegeinitiative hin. Das Mashine Learning Modell von Stellus (zur Webseite), welches das Abstimmungsbüchlein analysiert, prognostizierte lediglich 40% Zustimmung an der Urne. Ebenso auf 40% Ja-Anteil kam das Modell von Claude Longchamp, welches Prognosen basierend auf dem Abstimmungsergebnis im Nationalrat errechnet (zum Blogeintrag Longchamp). Die Umfragen zeichnen allerdings ein etwas anderes Bild. Die SRG Umfrage zeigt auf, dass die Initiative aktuell auf 78% Ja-Anteil käme.
Es gibt gute Argumente weshalb wahrscheinlich die Prognosen oder Umfragen näher liegen werden: Ein Blick auf vergangene Initiativen zeigt, dass diese in der Regel deutlich an Zustimmung verlieren. Die Pflegeinitiative ist nicht die erste, welche so hohe Werte in der ersten Umfrage zeigte und dann doch scheiterte. Die Fairfoodinitiative, wie auch Initiative für Ernährungssouveränität erreichten so hohe Umfragewerte. Beim tatsächlichen Urnengang allerdings nicht einmal 40%. Die Pädophileninitiative wurde zwar angenommen, büsste aber deutlich an Zustimmung ein. Die Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen. Ein Nein ist noch immer realistisch. Für ein Ja spricht die Unterstützung der Parteibasen. Während die Initiative im Parlament noch von Mitte-Rechts abgelehnt wurde, zeigt die SRG Umfrage, dass die Initiative von allen Parteisympathisierenden deutlich angenommen würde. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass das Modell Longchamp negativ verzerrt ist, da die Mitte-Rechts Parteien im Nationalrat wohl an der Basis vorbei politisiert haben.
Justizinitiative
Die Justizinitiative hat einen schweren Stand und startet sehr schlecht in den ersten Umfragen. Lediglich 43% der Teilnehmenden hätten die Initiative angenommen. Zwar ist das, unter Berücksichtigung der unentschlossenen, ein relatives Mehr, aber wie wir wissen, verlieren Initiativen im Verlauf des Meinungsbildungsprozess, an Zustimmung. Die Initiative erhielt im Parlament lediglich eine Stimme und wird von allen Parteien abgelehnt. Auch hat sie keine grossen politischen Akteure, welche die Initiative stützen. Es ist daher äusserst unwahrscheinlich, dass sie eine Mehrheit in der Bevölkerung finden wird.
Der Meinungsbildungsprozess ist allerdings noch nicht weit fortgeschritten. Es besteht also noch die Möglichkeit für beide Lager zu überzeugen. Es ist aber durchaus wahrscheinlich, dass die Stimmbeteiligung bei dieser Vorlag deutlich geringer sein wird.